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Füssen - Eine Sonntagskolumne

  • Writer: Jan Ammann
    Jan Ammann
  • Jun 1
  • 3 min read

Mitten im Jetzt.


Ich sitze in roter Unterhose und schlabbrigem Shirt auf der Terrasse meiner kleinen Gastwohnung – mitten in einer Ferienanlage.


Ein skurriles Bild. Und damit meine ich nicht nur mich in knalligem Textil, sondern auch den Wohnkomplex selbst: Ein bisschen in die Jahre gekommen – wie ich – aber immer noch mit Charme.


Das Wetter ist diesig, aber angenehm warm.


Gestern war eine tolle Show.

Ich bin in der Nacht losgefahren, um ein paar Stunden zum Runterkommen zu haben. Und – wenn ich ehrlich bin – um zu schlafen. Jeder Elternteil, der das liest, weiß genau, was ich meine.


Es ist unglaublich ruhig heute.

Nach den vielen hektischen Momenten der letzten Wochen fühlt es sich an, als ob die schwindelerregende Geschwindigkeit der letzten Tage – und die erdrückende Last der Zukunft – für einen Moment Pause machen.


Ein kleiner Sieg.

Ein stiller Triumph.


Wenn meine stärksten inneren Gegner kurz selbst verschnaufen und ich die Gegenwart in vollen Zügen genießen kann.


Ich bin sehr dankbar.

Ich sitze mitten im Jetzt, auf dieser 70er-Jahre-Terrasse.

Schlürfe Instant-Kaffee, den ich vorsichtshalber mitgebracht habe.


Zum Frühstück: gewürfelte Hühnerbrust, ohne Öl gebraten. Drei Eier.

Alles Reste von Zuhause.

Butter hatte ich vergessen.

Dafür: Maggi.


Unappetitlich? Vielleicht.

Schmeckend? Definitiv.

Schräg? Ja.


In einer Stunde bin ich wieder im Theater. Danach geht’s nach Hause.


Und jedes Mal, wenn ich hier bin, habe ich das Gefühl, ich funktioniere besser.

Die Berge.

Die Aussicht.

Die Menschen.

Der König.


Es ist, als würde hier das Erdungskabel stecken, das mir anderswo oft fehlt.

Der Neutralleiter meines Nervensystems.


Keine Gefahr auf Überlastung.

Kein Kurzschluss.

Einfach… Ankommen.


Der König tut mir gut.

Wie oft habe ich diese Rolle schon verkörpert?

Und doch bekomme ich jedes Mal mehr zurück, als ich geben muss.


Es ist dieser Ort.


Eines Tages – und bitte, liebes Universum, bald – möchte ich hier leben. Im Allgäu.

Oder irgendwo in Bayern, bei den Bergen.


Ich möchte meine Jungs über Wiesen laufen sehen.

Mit ihnen Steinpilze suchen.

Durch die gesunde Lunge des Waldes atmen.

Auf Berge klettern.

Natur in vollen Zügen genießen.


Ich wünsche mir mehr Momente von genau dieser Dankbarkeit.

Mehr „wollen“ – weniger „müssen“.


Ich rede oft mit dem Universum.

Und heute sage ich:

Bitte.

Schenk mir ein kleines Häuschen.

Eine Scheune.

Für mich, meine Frau und unsere Kinder.

Mit Blick auf die Berge.

Und Platz für die Tiere, die immer wieder zu mir kommen.


Denn sie kommen.

Immer.

Zum Ausruhen.

Zum Vertrauen.

Manche auch zum Sterben.


Wie gestern –

eine kleine Amsel lag vor meiner Tür.

Ich konnte nichts mehr für sie tun.


In meinem Leben sind mir schon viele Tiere „zugelaufen“:

• Hunde (einer davon angeschossen)

• Pferde

• eine Kuh

• ein Igel

• eine zahme Dohle

• eine Blaumeisen-Familie, die monatelang bei mir blieb

• Katzen

• ein Galloway-Kalb mit Flasche aufgepäppelt

…und sicher noch einige mehr.


Kinder und Tiere mögen mich.

Ich nehme das als Kompliment.

Auch wenn es manchmal merkwürdig ist.


Ich liebe die Natur.

Sie tut mir gut.


Und ich hoffe, mein Wunsch geht irgendwann in Erfüllung.

Denn mehr arbeiten kann ich wirklich nicht.


Vielleicht finde ich irgendwann einen Job, der mir das Leben – finanziell – leichter macht.

Erfüllend darf er trotzdem bleiben.


Irgendwann…


Irgendwann sitze ich mit Lisa, Händchen haltend, in der Natur.

Und weine vor Dankbarkeit.

Vor Glück.


Ich wünsche euch allen einen friedlichen, sonnigen Sonntag ❤️

11 Comments


Rita
Jun 02

Lieber Jan,


ich war gestern in der Vorstellung: Jan Ammann als König ist einfach genial, berührt mich immer wieder aufs Neue.

Deine Präsenz, die sich zum Ende hin immer mehr steigert, ist einfach faszinierend.


Ich lebe schon immer in dieser paradiesischen Gegend (30 km nördlich vom Festspielhaus) und bin somit mit dem König Ludwig II "aufgewachsen".

Was mich schon immer beschäftigt hat, wie es wohl wirklich war - damals am Starnberger See.......vielleicht drängt die Wahrheit doch mal ans Licht.


Dass der König bei Dir als Erdungskabel dient, wundert mich nicht.......Ihr habt ja am selben Tag Geburtstag; ist doch ein gutes Omen 😇.

Auch dass Du an Deinem 50. Geburtstag in der Königsgala vertreten bist - super! Das lasse ich mir…


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Heike Weigand
Jun 01

Hallo Jan!


Etwas von Dir zu lesen tut mir immer gut! In meinem Kopf nenne ich Dich immer "Der singende Philosoph."

Runterkommen, Ruhe erfahren dürfen, Dankbarkeit spüren...Alles so elementar wichtig für uns (gerade bei Angsterkrankungen/Depressionen gepaart mit Hashimoto...kenne das auch...leider). Vor vielen Jahren habe ich meinen drögen Bürojob an den Nagel gehängt und es nie bereut. Als Künstler, der seinen Beruf schätzt, stelle ich mir das schwieriger vor. Und dann ist da die Frage des Geldes: Kann ich mir das leisten? Die meisten Menschen können das nicht, wurschteln unzufrieden weiter. Nicht jeder Traum erfüllt, aber wir selber können dafür sorgen, dass so viele wie möglich machbar sind und in Erfüllung gehen.

Ich wünsche Dir von Herzen, dass Dein Wunsch, im…


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Karin
Jun 01

Lieber Jan,

Ich kann dich so gut verstehen. Die Berge das Allgäu und die Natur sind einfach so großartige Aufladestationen, die wir immer mal wieder brauchen. Mir tut es so gut, die Bergluft zu atmen und mir ab und an mit meinem Mann eine kleine Auszeit in Füssen und Umgebung gönnen zu können, sofern es mit meiner kranken Mutter geht. Ich finde in den Bergen wird auf einmal alles so klein was einen vielleicht belastet oder Kraft kostet im Alltag. Wie du sagst, reine Dankbarkeit. Ich wünsche dir und Lisa von Herzen, dass ihr irgendwann euer Häuschen mit Blick zu den Bergen haben werdet. Bis dahin geniesse die Berge wenn du in Füssen bist und uns mit deiner wunderschönen Stimm…

Edited
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Sonja
Jun 01

Liebe Jan, ich kann mich nicht beklagen da ich das große Privileg habe jeden Tag mit 20 Kindern mitten in der Natur arbeiten zu dürfen..

Aber auch für mich ist Füßen und Umgebung und vorallem der Hopfen und Forgensee ein Ort des Durchatmens. Hier habe ich soooo sooo schöne Augenblicke und Momente erleben dürfen die mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern.Ich wünsch dir so das Deine Gebete an das Universum erhört werden. Liebe Grüße aus Stuttgart

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Christiane
Jun 01

Lieber Jan! Du sprichst mir mit Deinen Worten aus der Seele.

Auch für mich ist der Ällgau besonders Schwangau meine Zuflucht, mein Ort an dem ich Kraft schöpfen kann. Auch ich träume davon irgendwann dort zu leben. Einen kleinen Hof, mit ein paar Tieren und Platz für Familie und Freunde. Ich kann Deine Worte und Deine Sehnsucht spüren. Sobald ich dort bin , ist alles ruhiger und weniger hektisch. Ich bin sofort entschleunigt. Ich sitze morgens mit einem Kaffee auf der Terrasse unserer Ferienwohnung, der Hund tobt durch den Garten und ich genieße den Blick auf den Säuling sowie auf Schloss Neuschwanstein. Mehr brauche ich nicht. Die letzten drei Jahre waren nicht einfach für mich. Ich bin nach Corona schwer erkrankt.…



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